Deutschland-Reise:
Mit dem Fahrrad von Sylt nach Oberstdorf

Tag 28: Samstag, 6. Juli 2019
The long way home

Oberstdorf - Audi Arena - Heini-Klopfer-Skiflugschanze - Freiberg See - Bonstettenbr> [Karte]

Nun ist es also soweit. Der letzte Tag meiner grossen Reise ist angebrochen. Grosse Pläne habe ich keine mehr. Zum letzten Mal packe ich meinen Trangia-Kocher aus und setze frischen Kaffee auf. Zum letzten Mal kippe ich den Grossen Bauer in meine Fertigmüslimischung und brauche die letzte Milch fürs Müesli und meinen Kaffee. Ein bisschen Wehmut schwingt bei all diesen inzwischen zur Routine gewordenen Handgriffen mit. Neben mir macht sich der Vater mit seiner Tochter gerade auf den Weg. Als sie mir sagen, dass sie zum Waltensberger Haus wandern möchten, nutze ich die Gelegenheit und frage sie, ob ich ihnen nicht fünf Euro für den Hüttenwart mitgeben dürfe, weil ich vor zwei Tagen zu wenig Geld dabei hatte. Natürlich schlagen sie meine Bitte nicht aus und so drücke ich dem Mädchen eine 5-Euro-Note in die Hand, wünsche ihnen eine gute Tour und verabschiede mich von ihnen.

Henkersmalzeit ;-)

Henkersmalzeit ;-) Mein letztes Frühstück.

Nach dem Frühstück wasche ich zum letzten Mal mein Frühstücksgeschirr ab, packe meine sieben Sachen zusammen, bezahle die Rechnung für den Campingplatz und fahre zum Bahnhof, um meine Tickets zu kaufen. Ich muss ziemlich lange anstehen. Es ist nur ein Schalter geöffnet und die zwei oder drei Leute vor mir brauchen ewig. Als ich dann an der Reihe bin entscheide ich mich für den Zug am frühen Abend. Eigentlich wollte ich gegen Mittag los, aber in diesem Zug gab es keine Fahrradplätze mehr. Mir ist es eigentlch egal, nun habe ich einfach noch etwas mehr Zeit mir Oberstdorf nochmal etwas genauer anzuschauen. Ich miete mir ein grosses Schliessfach und verstaue mein ganzes Gepäck. So kann ich mich frei bewegen und kann entspannt durch die Stadt radeln. Ich möchte mir die Audi-Arena anschauen. Obwohl die Anlage für die Weltmeisterschaften 2021 gerade komplett umgebaut und renoviert wird, kann man sie besichtigen. Im Gegensatz zum Ulmer Münster kostet hier das Ticket tatsächlich nur die Hälfte. Ich bedanke mich ganz freundlich bei der Dame am Kartenschalter für den netten Preiserlass und sage ihr, dass das gar nicht selbstverständlich sei und erzähle ihr meine Geschichte vom Ulmer Münster. Schmunzelnd nimmt sie mein nettes Kompliment an und wünscht mir einen interessanten Aufenthalt. Ich spaziere durch die Anlage. Wahnsinnig viel zu sehen gibt es zwischen all den Baugerüsteten schon nicht, aber die Grösse und Dimension der Anlage kann man trotzdem erleben. Auf der linken Tribüne kann man fast bis zum Schanzentisch hochsteigen. Ich mache das und geniesse für einen ganzen Moment die Aussicht. Über der Anlage schwebt eine volle Kabine nach der anderen aufs Nebelhorn. Die Seilbahn ist schon ziemlich in die Jahre bekommen, aber ein unglaublicher Publikumsmagnet.

Audi Arena

Audi Arena. Austragungsort der Vierschanzentournee.

Nachdem ich diese Anlage gesehen habe denke ich, dass ich für die Vierschanzentournee mal hier vorbei kommen sollte. Das ist sicher ein tolles Spektakel. Der Ort gefällt mir, die Menschen hier sind freundlich und die Tournee ist ja immer eine grosse Show. Vom Schanzenfieber etwas angesteckt, fällt mir plötzlich ein, dass man die Skiflugschanze ja auch besuchen und dort sogar auf den Turm hochfahren kann. Zeit habe ich noch genug. Es ist gerade mal halb eins. So packe ich mein Rad und fahre nochmal ins Stillachtal zur Skiflugschanze. Es ist nicht allzu viel los und so bekomme ich schnell mein Ticket. Ein kleines Schienenbähnchen bringt mich und ein paar andere Gäste bis zum Fuss des Turmes, wo man in einen Lift umsteigt. Das ist aber auch eher ein Schrägaufzug, wie das Kistchen mit dem wir eben neben der Anlage schon hochgefahren sind, denn der Turm dieser futuristischen Anlage steht ja auch ziemlich schräg in der Landschaft. Oben kommt man erst in einen grossen Raum wo viele Bilder vergangener Tage aufgehängt sind. Spannend, wie lange hier schon geflogen wird und wie sich das alles verändert hat. Dieser Raum ist bei Wettbewerben wahrscheinlich die Wartezone der Athleten. Eine kleine Treppe führt dann zur Absprungplattform nach draussen. Der Blick ist atemberaubend und die Höhe dieses Turms ist auch nicht von schlechten Eltern. Ich geniesse auch hier den Moment und die Aussicht und entscheide mich dann noch für einen Spaziergang, um den gleich daneben liegenden Freibergsee, der zum Bade lockt. Dumm nur, dass ich keine Badesachen dabei habe. Ach ja, die Schanze trägt übrigens den Namen Heini-Klopfer-Skisprungschanze. Toll, wenn nicht jede Sportanlage heute nur noch den Namen des Hauptsponsors trägt. Auf dem Weg zurück verlasse ich dann unten am Turm die Anlage noch nicht, sondern begehe im Aussenbereich noch einen kleinen Rundgang, der vom Fusse des Turmes bis zum Schanzentisch hinabführt. Auf verschiedenen Schautafeln lernt man noch vieles über die Anlage, den Skiflugsport und wie sich das alles in den letzten 100 Jahren entwickelt hat.

Auf der Heini-Klopfer-Skisprungschanze

Auf der Heini-Klopfer-Skisprungschanze.

Ich fahre danach noch nicht zurück ins Tal, sondern verlasse die Anlage beim Turmfuss. Von hier führt ein schön angelegter Weg durch einen herrlichen Wald zum Freibergsee. In einer knappen halben Stunde spaziere ich bis zur schönen Badeanstalt und gönne mir dort eine Schorle. Die Temperaturen sind mal wieder zünftig heiss und das schöne Naturbad ist gut bevölkert. Von hier aus hat man eine tollen Blick zum Schanzenturm, von dem man aber nur den oberen Teil über den Baumwipfeln in den Himmel ragen sieht. So langsam muss ich mich auf den Rückweg machen. Es ist halb vier. In zwei Stunden fährt mein Zug. Ich umrunde den See noch, steig dann bei Herr Klopfer in den Schrägaufzug und lass mich wieder runter ins Tal fahren. Mit dem Rad gehts dann zurück nach Oberstorf, wo ich mich kurz vor fünf grade noch vor dem heranbrausenden Sturm im Bahnhof ins Trockene retten kann. Ein heftiges Gewitter zieht über Oberstdorf. Im Dorf flüchten alle Gäste vor dem herannahenden Wolkenbruch und alles was nicht schon vor fünf Minuten in Sicherheit gebracht wurde, wird nun von den heftigen Gewitterböen herumgewirbelt. Was für ein Abschluss meiner Ferien. Vielleicht ist das wie bei den grossen Feuerwerken, das Schlussbouquet welches für mich losgelassen wird ;-) Das Spektakel ist dann aber bald vorbei und als es nicht mehr waagrecht regnet und die Orkanböen wieder nachgelassen haben, hole ich mir mein Gepäck aus dem Schliessfach und suche mir einen Platz im Zug. Der steht bereits zwanzig Minuten vor der Abfahrt hier bereit. Wegen Bauarbeiten auf der Strecke hat mir der Bahnhofsvorstand am Morgen empfohlen, dass ich diesen Zug nehmen solle. Da hätte ich zwar in Kempten nochmal fast eine Stunde Aufenthalt, aber auf jeden Gewähr den Anschluss auf den direkten Zug nach Zürich zu erwischen, was er wegen der Bauarbeiten für den folgenden Zug nicht garantieren könne. So tuckere ich dann gemütlich nach Kempten, wo ich den Aufenthalt nutze, um nochmal schnell in die Altstadt zur radeln, um ein Eis zu Essen. Danach gehts dann direkt nach Zürich, wo ich kurz vor 23 Uhr eintreffe. Nur noch einmal Umsteigen, dann bin ich wieder zuhause. Ich bin gespannt, wie mir der Wiedereinstieg in den Alltag gelingt.

Die komplette Strecke

Die komplette Strecke.

Schön wars! Eine Reise für die Ewigkeit. Erlebnisse und Geschichten, die ich wohl nie mehr vergessen werde und jetzt bin ich unheimlich froh, dass ich dieses Tagebuch geschrieben habe! Solche Erinnerungen sind einfach Gold wert und ich kann jedem nur Empfehlen mal so eine Reise zu machen. Es ist einfach grandios. Adjö Deutschland!

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